Basilio
Brollo

Geschichte eines friaulischen Missionars, Philosophen und Theologen

[1648 – 1704]

Mattia Andrea Brollo wurde am 25. März 1648 in Gemona del Friuli in einem mittelalterlichen Schlupfwinkel namens Borgo Portuzza zwischen dem Steilhang der Burg und den Dom aus dem 14. Jahrhundert geboren und entstammt einer Familie, die 1658 in den kleinen lokalen Adel aufgenommen wurde. Er starb am 16. Juli 1704 in China in Sanyuan in der Nähe von Xi’an, der Hauptstadt von Shaanxi.

Er begann seine ersten Studien unter der Leitung seines Onkels Don Andrea, einem Lehrer der Gemeinde, und setzte sie im Jesuitenkolleg in Gorizia (Görz) fort. Um 1665 kehrte er nach Gemona zurück, wurde 1666 in das Noviziat von Bassano aufgenommen und trat unter dem neuen Namen Basilio (Basilius) von Gemona in den Franziskanerorden ein.

Foto: Idealporträt von Basilio Brollo, Öl auf Leinwand von Vigilio Pitscheider (Monselice, Franziskanermuseum der Missionen).

Ritratto di Basilio Brollo

Anfang der 1690er Jahre zogen Brollo und Della Chiesa zusammen mit ihrem Mitbruder Nicolai nach Nanjing, wo Brollo im Namen von Della Chiesa einen erbitterten Jurisdiktionskonflikt mit dem Jesuitenbischof Alessandro Ciceri austragen musste, der die Autorität der Apostolischen Vikare nicht anerkennen wollte. Der Konflikt zog sich über mehrere Jahre hin und wurde erst infolge der Ankunft der Bulle und des Briefes vom Papst von 1696 in China im Jahr 1699 beendet, durch die Della Chiesa zum Bischof von Peking und Brollo zum Apostolischen Vikar von Shaanxi ernannt wurden. 

Um Della Chiesa bei seiner Niederlassung in der Hauptstadt des Reiches zu unterstützen, verzögerte Brollo seine Abreise nach Shaanxi bis zum April 1701, als er schließlich in diese abgelegene, aber berühmte Provinz des Inneren Chinas aufbrach, die bereits seit der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mehrfach von Jesuitenmissionaren aufgesucht wurde, aber nun seit einigen Jahrzehnte sich selbst überlassen war. In dieser Provinz widmete er sich bis zur völligen Erschöpfung seiner bevorzugten „Armen-Seelsorge“, legte endlose Entfernungen, hohe und unzugängliche Berge hinter sich und überwand den Widerstand, den seine unsichere Gesundheit dem Apostolat entgegensetzte.

Stattdessen gelang es Napoleon, der, nachdem er 1797 eines der besten Exemplare des Wörterbuchs von 1699 aus der Vatikanischen Bibliothek geplündert und in die Zahl der 500 Manuskripte aufgenommen hatte, die nach dem Vertrag von Tolentino an die Franzosen übergeben werden sollten, 1808 anordnete, dass derselbe Kodex als Vorlage für den Druck des ersten sinisch-französisch-lateinischen Wörterbuchs Europas dienen sollte. Eine Leistung, die 1813 vollbracht wurde und deren Urheberschaft sich der vom Herrscher beauftrage Franzose de Guignes rühmte.

In Frankreich kam es daraufhin zu einer heftigen Querelle, in deren Verlauf die besten europäischen Sinologen den Franzosen des Plagiats bezichtigten und sich dafür einsetzten, Brollos Urheberschaft mit einer Folgeausgabe wiederherzustellen, was jedoch nicht gelang. So wird in anderen Neuauflagen des 19. Jahrhunderts weiterhin de Guignes als Autor dieses Wörterbuchs genannt, während Brollo in Italien und Friaul weiterhin nur als Missionar bekannt ist und geschätzt wird.  Erst in den 1850er Jahren und während der Brollo-Feierlichkeiten von 1904 wurde Brollo, vor allem dank der besseren Kenntnis der französischen Affaire, wieder zu seinem Recht verholfen.

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Sinisches Wörterbuch Chinesisch-Latein

Die Bibliothek von Gemona bewahrt eines der sehr seltenen Exemplare des 1853 in Hongkong gedruckten Lateinisch-Sinischen Wörterbuchs auf, das vor einem Brand, der einen Teil der Exemplare zerstörte, und vor dem Schiffbruch des Schiffes, mit dem man die Exemplare nach Europa geschickt hatte, gerettet werden konnte. Es kam im Mai 1902 durch seinen Vater Cherubino aus Sappada direkt aus China kommend nach Gemona.

Vor einigen Jahren hatte er bereits ein Werk vollendet, das er für eine wirksamere Verbreitung des Glaubens in einem Reich, das damals 150 Millionen „Ungläubige“ und nicht mehr als 200.000 zum christlichen Glauben Bekehrte zählte, für unerlässlich hielt: die Erstellung eines chinesisch-lateinischen Wörterbuchs, das die bereits vorhandenen Wörterbücher ersetzen sollte, die er als ungeeignet für ein Apostolat ansah, zu dem mittlerweile Missionare aus verschiedenen Nationen und Sprachen zählten, die das von allen Ordensleuten beherrschte Latein mehr benötigten als Spanisch oder Portugiesisch.

So erstellte er zwischen 1694 und 1699 zwei verschiedene Entwürfe für ein chinesisch-lateinisches Wörterbuch. Im ersten ordnete er die Schriftzeichen und ihre Übersetzungen nach Schlüsseln oder Radikalen an, da er der Auffassung war, dass diese Reihenfolge bei der Interpretation und Übersetzung von Texten in chinesischer Sprache besonders nützlich sei. Der zweite, 1699 fertig gestellte, wurde stattdessen in phonetischer oder alphabetischer Reihenfolge geschrieben, d. h. die Zeichen wurden nach ihrer Aussprache geordnet, um das Lehren der gesprochenen Sprache zu erleichtern.

Die beiden Wörterbücher von Brollo erfreuten sich von Anfang an außerordentlicher Beliebtheit: Sie wurden in Hunderten von Exemplaren von den Missionaren abgeschrieben, die sie einhellig als die besten existierenden Wörterbücher anerkannten. Die ging so weit, dass sogar der Heilige Stuhl zwischen 1731 und 1735 versuchte, das Wörterbuch von Brollo aus dem Jahr 1699 in Rom drucken zu lassen, was jedoch misslang.

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